Die Malereicollage
Die Malereicollage ist eine faszinierende Kunstform, die eine reiche Geschichte und die verschiedensten formalen Lösungen aufweist.
Eine zeitgenössische Umsetzung dieser Kunstform ist der surrealen Zyklus „Die mystische Möhre“ von Thomas Gatzemeier.
Gatzemeier, ein Künstler, der zahlreiche recht unterschiedliche Werkgruppen in seinem Gesamtwerk vereint, lässt sich von Heliogravüren inspirieren, die von Wilhelm Bode um 1900 als Mappenwerke herausgegeben wurden. In seinen Malereicollagen verfremdet er Reproduktionen klassischer Gemälde durch Hinzufügen unerwarteter Elemente.
Plötzlich erscheint es: Das Raumschiff, die Möhre – diese Darstellung einer mystischen Möhre ist einzigartig in der irrealen Welt der Künste.
In den Werken von Thomas Gatzemeier sind seltsame Gegenstände keine Seltenheit. Raumschiffe und Möhren sind für ihn bewegliche Motive, die überall auftauchen können und nahezu in jedes Gemälde passen – solange kein Hase darauf zu sehen ist, denn dann ist die Welt eine Andere.
Eine Darstellung von Hase und Möhre wäre zu banal. Jeder Kenner der Kunst würde bemerken, dass diese Kombination zu simpel ist, es sei denn, der Hase wäre von Dürer gemalt. Dann wäre alles möglich und auch gut.
Die Balance zwischen Fiktion und Realität gelingt nur mit realistischen Mitteln. Durch das Hinzufügen eines kleinen Details entsteht oft eine völlig neue Bedeutung und katapultiert das Bild in neue Dimensionen.
Die Möhre schwebt über der Szenerie, und der Maler, der zuvor auf dem Bild nicht zu sehen war, tritt nun hinter dem Baum in der Mitte, links von der melkenden Bäuerin, hervor.
Der Automatismus in der surrealen Kunst ist eine Schlüsseltechnik und ein grundlegendes Konzept, das von den surrealistischen Künstlern des 20. Jahrhunderts entwickelt wurde. Diese Technik wurde verwendet, um den Einfluss des bewussten Denkens und der Kontrolle zu minimieren und stattdessen den freien Fluss des Unterbewusstseins und der spontanen Kreativität zu ermöglichen.
Diese Form des künstlerischen Herangehens verwendet auch Thomas Gatzemeier bei seinen Malereicollagen.
In der Malereicollage „Die Kuh, die sich spiegelt“ erscheinen plötzlich Heißluftballons, versehen mit Werbung, in einer ansonsten idyllischen Landschaft.
Dieser unerwartete Einbruch moderner Konsumsymbole in eine traditionelle Szenerie wirkt wie ein düsteres Vorzeichen des Unheils der modernen Konsumgesellschaft, das bedrohlich näher rückt. Gatzemeier gelingt es mit seinen Collagen eine subtile Auseinandersetzung mit der Gegenwart zu schaffen, die den Betrachter zum Nachdenken anregt.
Die Geschichte der Malereicollage reicht weit zurück und ist eng mit der Entwicklung der modernen Kunst verbunden.
Bereits im frühen 20. Jahrhundert experimentierten Künstler wie Pablo Picasso und Georges Braque mit dieser Technik, indem sie verschiedene Materialien und Elemente in ihre Gemälde einfügten. Diese Herangehensweise ermöglichte es den Künstlern, traditionelle Vorstellungen von Kunst und Realität herauszufordern und neue Formen des Ausdrucks zu erforschen.
Im Laufe der Zeit wurde die Malereicollage zu einem wichtigen Bestandteil verschiedener Kunstbewegungen, darunter der Dadaismus, Surrealismus und Pop Art. Künstler wie Max Ernst, Hannah Höch und Robert Rauschenberg trugen dazu bei, die Möglichkeiten dieser Technik weiter auszuloten und sie als eigenständige Kunstform zu etablieren.
Heutzutage wird die Malereicollage von Künstlern auf der ganzen Welt in vielfältiger Weise genutzt, um komplexe und oft surreale Bilderwelten zu schaffen.
Durch die Kombination verschiedener Materialien, Texturen und Bildfragmente können sie neue Narrative und Bedeutungsebenen erschaffen und damit eine breite Palette von Themen und Emotionen ansprechen. In diesem Sinne ist Thomas Gatzemeiers Zyklus die mystische Möhre ein beeindruckendes Beispiel für die kreative Kraft und Vielseitigkeit der Malereicollage.